Die Forschungsschwerpunkte der Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit umfassen Deutsche und europäische Reformations- und Konfessionalisierungsgeschichte, Verfassungs- und Sozialgeschichte des Alten Reiches und seiner Territorien sowie die vergleichende Kultur-, Bildungs- und Universitätsgeschichte der Frühen Neuzeit. - Für den Bereich der Frühen Neuzeit handelt es sich bei diesem Antrag um ein strukturbildendes Pilotprojekt zur Umsetzung einer Strategie für die Digital Humanities in dieser geschichtswissenschaftlichen Teildisziplin. Ein erster Versuch wurde bereits bei der Erstellung der fünfbändigen Leipziger Universitätsgeschichte durchgeführt, die nach 2007 unter dem Kommissionsvorsitz der Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit sukzessive erschienen ist. Dabei spielen datengestützte Professoren- und Dozentenkataloge eine große Rolle, die für die Erforschung der intellektuellen Eliten im Reformationsland Sachsen eine konstitutive Bedeutung besitzen. Daran kann das hier beantragte Teilprojekt anknüpfen und die Perspektive auf die Welt der Höfe und der Politik ausweiten, indem in einem ersten wichtigen Schritt die Formation des Personals, hier die Institution des Geheimen Rats, in digitalisierter Form erfaßt und für den interterritorialen Vergleich aufbereitet wird.
Erstellung einer elektronischen Datenbank zu den höfischständischen Eliten im institutionalisierten „Personenverbandsstaat“ des frühneuzeitlichen Kurfürstentums Sachsen:
Das zu bearbeitende Quellencorpus umfasst zunächst die Gruppe der kursächsischen Geheimen Räte im 17. Jahrhundert, die im politischen System des Kurstaates über die Ebene der höfischen Repräsentation hinaus eine nicht zu unterschätzende aktive allgemeinpolitische Rolle spielten. Ein großer Vorteil besteht dabei in der Erweiterbarkeit des archivalischen Primärmaterials, das in mehreren Teilschritten auf alle gesellschaftlich relevanten Eliteformationen der ständestaatlichen Vormoderne ausgeweitet werden kann. Die Digitalisierung der Quellen erfolgt von Beginn an nach bestimmten ordnenden Parametern, so dass hier sehr gut die Möglichkeit des interterritorialen Vergleichs besteht und so die Forschung wesentlich erweitert werden kann. Auf Basis von Korrespondenzen, Leichenpredigten, Bestallungs- und Besoldungsakten, Hof- und Kanzleiordnungen werden Kurzbiografien bzw. Biogramme digitalisiert. So werden bisher kaum genutzte Personalbestände elektronisch erschlossen, die in ihrer Überlieferung äußerst heterogen auf verschiedene Quellen- und Literaturgattungen verteilt sind. Besonders die Titelakten und sogenannten Ego-Dokumente verdienen erhöhte Aufmerksamkeit, weil sie im Zusammenspiel von „Figuren“ und „Strukturen“ eine höchst innovative Analysevalenz aufweisen – sowohl für die agierenden Personengruppen als auch für die Modernisierung der Regierungssysteme. Unter Leitung des Antragstellers wird das Teilprojekt zum politischen Personal in Kursachsen im 17. Jahrhundert, für die wechselvolle dramatische Zeit der Kriege und Krisen realisiert. Ziel ist die Erstellung einer umfassenden Datenbank, die zunächst den gesamten Personalbestand der Institution des Geheimen Rates mit allen zur Verfügung stehenden Einzeldaten umfasst. Die Gestaltung der Parameter verfolgt das Ziel einer interterritorialen Komparatistik, die das Funktionieren frühmoderner Regierungssysteme in einer wichtigen Transformationsphase des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation aus der Sicht der Dresdner Administration, mit dem Reichserzmarschall an der Spitze, beleuchtet.